Aussehen & Wesen

Windhunde fallen uns durch ihre Optik auf. Leichtfüssig laufen sie durchs Leben. Was auch fasziniert, ist die Ambivalenz zwischen einem entspannten Hund, der daheim das Sofa ziert und dem Athleten, der draussen seine ganze Power zeigt.

Der Galgo Español nach Rassestandard ist ein 60–70 cm großer und 20–30 kg schwerer Windhund. Sein Körper ist langgezogen, der Kopf sehr schmal. Der Stop ist nur wenig ausgeprägt. Das Ohr ist ein gefaltetes Rosenohr. Die Unterlinie zeigt einen langen, mächtigen, gleichmäßig tiefen Brustkorb, bevor der Bauchaufzug ansetzt, der jedoch nicht die Ellenbogen erreicht. Die Rute ist tief angesetzt und reicht fast bis zum Boden mit einem leichten Bogen am Ende. Die Fellvarianten sind: glatthaarig und rauhaarig ohne Unterwolle. Alle Farben sind zulässig.

In Spanien wird der ursprüngliche Galgo Español in der Regel mit anderen Windhunden gemixt.

Primär wird der englische Greyhound eingekreuzt, um muskulösere Hunde mit mehr Ausdauer zu erreichen. Aber auch klassische Jagdhunde wie ein Pointer werden genutzt, um den Galgo zu optimieren. So erhält man statt eines klassischen Sichtjägers plötzlich einen Hund, der sich die Beute mit seiner Nase sucht.

Der Galgo ist ein feinfühliger Hund mit katzenartigem Verhalten. Er hat 3 Funktions-Modi: Daheim ist er ruhig und kaum zu bemerken. Er liegt gern weich und mit Körperkontakt. Galgos sind sehr verschmust und wickeln den Besitzer meist um den Finger, so dass er mit ihnen Herz, Sofa und Schlafzimmer teilt. Draussen an der Leine ist er wachsam aber gut zu führen. Draussen im Freilauf ist sein Geist frei. Sein Schalter steht auf Power und er zeigt, was in ihm steckt. Dabei ist er oft verspielt und am Kontakt mit uns interessiert, was für das Training genutzt werden sollte.

Verhalten & Jagdtrieb

Jeder Hund, ob gross oder klein jagt. Die gesamte Sequenz einer Jagd besteht aus:

Ausschau halten – Anschleichen – Fixieren – Hetzen – Packen – Töten – Fressen

Der entscheidende Unterschied ist, dass die meisten Rassen nur die ersten Stufen zeigen. Dies lässt sich gut managen und mit Training auch leichter unterbrechen oder umlenken. Der Galgo zeigt sein Können besonders in der Hetzsequenz.

Mit einer Geschwindigkeit von 60km/h flitzt er über Feld und Flur. Als Sichtjäger allem hinterher, das sich bewegt. In Spanien sind das Hasen oder Kaninchen, die in jagdlichen Meisterschaften mit Preisgelder bejagt werden. Sind keine Hasen zugegen, jagt der Galgo Katzen, Eichhörnchen, Rehe oder flatternde Tüten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Hunden ist er auch schnell genug, um seine Beute einzuholen.

In seiner Genetik verankert und wenn der Hund in Spanien für die Jagd genutzt wurde, auch noch perfektioniert, sind die letzten Sequenzen der Jagd: das Packen und Töten. Was in der Haltung als Freizeithund natürlich absolut unerwünscht ist.

Die unglaubliche Geschwindigkeit eines Galgo ist eine Herausforderung. Innert Sekunden ist die nächste Strasse erreicht, innert Minuten die nächste Bahnstrecke oder Autobahn.

Auch wenn er nur zum Spass rennt, so bringt ihn sein Tunnelblick im Geschwindigkeitsrausch leicht in Gefahr.

Der Galgo trifft seine Entscheidungen selbständig. Im Gegensatz zu anderen Jagdgebrauchshunden wurde ihm kein «will to please» ausgearbeitet.

Doch das heisst nicht, dass der Galgo ausserhalb der Weiten Spaniens nie mehr rennen darf. Im Gegenteil: Der Galgohalter steht in der Pflicht, seinem Athleten Zugang zu Freilauf zu bieten. Denn sonst verkümmert seine Seele. Zu Beginn ist ein hoch eingezäunter Auslauf nötig. Später können die meisten Galgos zum Rennen abgeleint werden. Dazu ist eine positive Bindung zum Halter nötig, ein positiv auftrainierter Rückruf und Management von Seiten des Halters.

Nur übersichtliches Gelände ohne Wildaufkommen oder Katzenpopulation kommt in Frage. Der Halter muss dem Hund im Denken immer einen Schritt voraus sein. Kleinste Veränderungen der Körpersprache kündigen den Jagdmodus an. Mit Erfahrung und Training kann dieser dann noch umgelenkt werden.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Doch man sollte sich darauf einstellen, einen erfahrenen Profi-Jäger an seiner Seite zu haben.

Der Galgo aus dem Tierschutz

Kommt ein Galgo in die Vermittlung, so ist er ein Gebrauchshund, kein Freizeit- oder Familienhund.

Galgos werden aus verschiedensten Gründen abgegeben. Nur Jene, deren Talent zur Jagd herausragend ist, werden vom Galguero (ihrem Jäger) weiter genutzt. Auch Hunde, die bereits einige Jagdsaisons hinter sich haben, werden aussortiert. Sie kennen nämlich das Verhalten des Hasen und schlagen in auf kürzestem Weg. In den Meisterschaften möchte der Zuschauer aber eine spektakuläre Jagd sehen, wo der Hase Haken schlägt.

Galgos werden in Spanien ohne Familienanschluss in Zwingern, Hütten oder Kellern gehalten. Sie wurden in den meisten Fällen für eine gewisse Zeit zur Jagd eingesetzt.

Es kommen Hündinnen in den Tierschutz, die jahrelang Nachwuchs produziert haben und Rüden, die bis vor Kurzem noch zur Zucht gedient haben. Ihr Hormonhaushalt war ungestört und sie können markieren, Territorialverhalten zeigen und viel Selbstbewusstsein mitbringen. Ein gewisser Teil der Hunde im Tierschutz wurde durch ihre Jäger ausgesetzt und lebte eine Weile auf der Strasse.

Seit einiger Zeit werden ausgediente Galgos von den Jägern vermehrt in den privaten Auffangstationen oder den Perreras (staatliche Tötungsstationen) abgegeben. Früher wurden sie nach schlechter Leistung zur Strafe aufgehängt, in Brunnen geworfen oder mit gebrochenen Beinen ausgesetzt. Dank der unermüdlichen Arbeit der Tierschützer konnte das Mindset der Jäger soweit geändert werden, dass dies heutzutage deutlich seltener passiert. Dies bedeutet aber auch, dass mehr Tiere im Tierschutz aufgefangen werden müssen.

Erziehung & Beschäftigung

Ein Galgo betritt in seiner Pflegefamilie oder bei Direktadoption bei euch zum ersten Mal ein Haus. Sich draussen zu versäubern, zeigst du ihm. Ebenso wird er lernen, dass er sich sein Futter nicht stehlen muss. Oder du lernst, deine Küche besser aufzuräumen. Er kann schreckhaft sein vor Alltagsgeräuschen oder Angst haben vor bestimmten Gegenständen wie Besen oder Kabeln. Zu Beginn friert er vielleicht regelmässig ein, wenn er draussen etwas Neues sieht. Lass ihn beobachten und dränge ihn nicht. Trage ihn über ungewohnte Untergründe oder Treppen, wenn er diese verweigert. Galgos kennen keinen Spaziergang. Sie können sich anderen Hunden gegenüber skeptisch zeigen oder kleine Hunde jagen wollen. Auch unter den Galgos gibt es Angsthunde oder reaktive Hunde. Nicht alle laufen «sanft wie eine Feder» neben dir her, sondern benötigen deine Präsenz und Unterstützung in ihrem neuen Leben. Geduld ist dein Motto.

Der Galgo braucht viel Ruhe. Wie eine Katze schläft er 18 Stunden pro Tag. Diese Fähigkeit zum Herunterfahren sollte man sich nicht verspielen. Darf der Galgo 2x pro Woche rennen, so braucht er täglich nur einen Spaziergang, bei dem er ausgiebig erkunden darf und 2-3 x die Möglichkeit sich zu lösen. Der Freilauf ist für die Psyche eines Galgos wichtig. Im vollen Lauf die Beine zu strecken, sei es auch nur für wenige Minuten, ist ein Grundbedürfnis dieses Hundes. Zugang zu einem Garten ist nice-to-have aber kein Ersatz für Freilauf auf einer grossen Fläche.

Die meisten Galgos müssen das Spielen lernen. Erst dann kann Spielzeug als Verstärkung oder Jagdersatz genutzt werden. Sie können Denkspiele und Tricks lernen. Einige Galgos sind im Agility, Mantrailing, der Dummysuche, im Obedience oder als Besuchshunde in Schulen und Altersheimen zu finden. Manche Rennbahnen lassen Galgos aus dem Tierschutz hobbymässig trainieren. Körperlich fordernde Aktivitäten müssen tierärztlich begleitet werden, um eine Überforderung zu erkennen.

Einen Galgo kann man nicht zu seinem Glück zwingen. Bei herrischer Erziehung zieht er sich zurück und stellt die Kooperation ein. Respektiert man sein Wesen und gibt ihm positive Rückmeldung, so bemüht er sich sehr, uns glücklich zu machen. Überhaupt lernt der Galgo die meisten Regeln im Zusammenleben durch Beobachtung und nicht Erziehung. Er passt sich dank seiner Feinfühligkeit sehr gut unseren Bedürfnissen an.

Gesundheit & Pflege

Galgos sind auffallend gesunde Hunde, da sie auf Leistung und nicht Schönheit gezüchtet wurden. Sie können 12 – 14 Jahre alt werden. Galgos aus dem Tierschutz kommen manchmal mit Verletzungen in die Adoption. Herzfehler sind ein Thema, dass die spanischen Hobbyzüchter vernachlässigen. Die Mittelmeerkrankheiten muss man in den ersten Jahren im Hinterkopf behalten. Bleiben Galgos an Ästen hängen, wenn sie rennen, so reisst ihre Haut schnell auf. Ihre Krallen müssen kurz gehalten werden, um Verletzungen beim Rennen und Arthrose zu vermeiden. Im Spiel mit anderen Windhunden schnappen Galgos gerne den Hund, der «den Hasen» macht. Ein Rennmaulkorb verhindert das. Unter 10 Grad benötigt der Galgo aufgrund der fehlenden Unterwolle einen Mantel. Im Regen ebenso.

Wie kann ich helfen
The best dog von Denise Ruhland